Sustainability Leadership: Der Selbsttest mit Tipps

1. Jun 2023 | Praxisanleitungen, Wissenschaft erklärt

Nachhaltigkeit ist mittlerweile die Voraussetzung für ein Bestehen am Markt. Damit wandert Nachhaltigkeit in die Führungsetagen großer Konzerne und in die Spitzenpolitik. Wir fragen uns: Welche transformativen Kompetenzen brauchen Führungspersönlichkeiten wirklich in der Klimakrise? Was genau ist Sustainability Leadership?

Alle Zutaten da für die Transformation? 

Die Zivilgesellschaft drängt auf mehr Nachhaltigkeit in Unternehmen – nach mehr Sustainability Leadership. Das zeigt Wirkung: Die Klimabewegung gilt als der größte Treiber für Nachhaltigkeitstransformation in Unternehmen. Ein System, in dem Unternehmen nicht innerhalb der planetaren Grenzen wirtschaften, hat langfristig keine Zukunft.

Nach dem Corporate Climate Responsibility Monitor gibt es noch bei einigen Unternehmen Verbesserungsbedarf in der Transformation. Häufig mangelt es an Transparenz darüber, wie genau die ambitionierten Nachhaltigkeitsziele erreicht werden sollen.

Was braucht es für eine Transformation von Unternehmen und für Sustainability Leadership? Das wurden weltweit CEOs befragt. Und die Zahlen sprechen für sich: 56% der CEOs sind der Ansicht, dass sich das kollektive Mindset im Unternehmen ändern muss, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Solche großen Veränderungen im Herzen des Unternehmens bilden eine besondere Herausforderung für die Führung durch die Nachhaltigkeitstransformation.

Doch: Wie genau kann dieser kollektive Mindset-Shift bei Führungspersönlichkeiten gelingen?
Welche Kompetenzen braucht es von Seiten der Unternehmensführung, um mehr als nur ein „klimaneutrales“ Unternehmen zu werden, sondern um sich hin zu einem authentischen, mutigen Stakeholder für Nachhaltigkeit mit Impact zu entwickeln?

Machen Sie den Selbsttest zu Sustainability Leadership: Was macht Sie besonders stark für Nachhaltigkeit?

Welche transformative Kompetenz bei Ihnen besonders stark ist, können Sie mit unserem Selbsttest zu Sustainability Leadership herausfinden. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Beantworten der Fragen und beim Kennenlernen all Ihrer Stärken als Führungspersönlichkeit!

Wir präsentieren: Die Inner Development Goals für Sustainability Leadership

Ein Framework dafür, welche transformativen Kompetenzen nötig sind, um die nachhaltige Entwicklung im Unternehmen anzutreiben, setzen die sognannten Inner Development Goals. Sie zeigen, welche inneren Qualitäten und Fähigkeiten nötig sind, um die globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) noch erreichen zu können. Als zentrale Stakeholder für Nachhaltigkeit braucht es diese Kompetenzen natürlich auch in Unternehmen. Die Kompetenzen im Sustainability Leadership lassen sich in 5 übergeordnete Kategorien einordnen.

Kompetenz 1: Dem inneren Kompass folgen

Authentizität, Handeln nach moralischen Werten und Selbstreflexion

Ein starker innerer Kompass ist das beste Mittel, um in diesen unsicheren Zeiten zu wissen, in welche Richtung es weiter gehen soll. Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit kann holprig sein – hier hilft es, die langfristige Vision klar im Blick zu behalten.

Dafür ist eine achtsame Selbstwahrnehmung nötig: Eigene Gedanken und Ziele sollten bewusst wahrgenommen und reflektiert werden. Um authentisch führen zu können, sollten Sie klare Prioritäten setzen und werteorientiert handeln. Natürlich sollten Führungspersönlichkeiten dennoch flexibel auf sich wandelnde Umstände reagieren und dem Wandel mit neugieriger und offener Haltung begegnen.

Ein Beispiel für ein Unternehmen mit sichtbarem innerem Kompass ist Patagonia. Dort sind Authentizität, Gerechtigkeit und Umweltschutz als Werte des Unternehmens festgeschrieben. Dieser Gedanke kommt schon vom Gründer Yvon Chouinard, der sich 2022 schließlich dazu entschied, das Unternehmen einer Stiftung zu überschreiben. So soll sichergestellt werden, dass Gewinne in Nachhaltigkeitsprojekte wandern.

Fragen Sie sich:

Was ist Ihr innerer Werte-Kompass?
Welche Strategien nutzen Sie, um sich in stressigen Situationen mit Ihren Werten zu verbinden?
Was hilft Ihnen, achtsam im Hier und Jetzt zu sein?
Wie schaffen Sie es, immer wieder aus Ihren gelernten, eingefahrenen Denkmustern auszubrechen?

Kompetenz 2: Sich verbunden fühlen

Empathie, Mitgefühl und Naturverbundenheit

Sustainability Leadership bedeutet, die Verbindung von Unternehmen, Gesellschaft, Menschheit, Umwelt und zukünftigen Generationen zu begreifen und anzuerkennen. 

Ein emotionaler Bezug zu unserer natürlichen Umwelt sowie ein Gefühl von Verbundenheit mit unserer Natur ist entscheidend, um planetare Grenzen in Entscheidungen zu berücksichtigen.

Ebenso braucht es Offenheit für den Dialog mit Menschen mit anderen Sichtweisen, z.B. aus zivilgesellschaftlichen Klimabewegungen, sowie mit Menschen, die am meisten und schon heute von der Klimakrise betroffen sind. Dadurch wird die globale Dimensionen von Nachhaltigkeit offengelegt und vor Augen geführt. 

Fragen Sie sich:

Wie sehr fühle ich mit den Menschen, die aktuell schon unter der Klimakrise leiden – hier in Europa und an anderen Orten der Welt?

Wie verbunden fühle ich mich mit den Biodiversitäts-Hotspots unserer Erde wie dem Amazonas-Regenwald?

Wie leicht fällt es mir, mich in die Motive und Anliegen von anderen Stakeholdern wie Aktivist:innen hineinzuversetzen? 

Kompetenz 3: Planetares Denken

Denken unter Komplexität und Unsicherheit, kritisches Denkekn und kreatives Problemlösen

Um den Wandel anzutreiben ist es nötig, dass wir die Welt in unserem Denken als Ganzes begreifen und möglichst viele Facetten der Realität, in der wir leben, tiefgründig und systematisch verarbeiten.

Hier kommt das planetare Denken ins Spiel: Dabei geht es darum, die Welt als ein Zusammenspiel verschiedener Systeme zu betrachten, die miteinander in komplexen Wechselwirkungen stehen – und zusammen ein verbundenes Ganzes bilden. 

Das bedeutet: die Komplexität der Krisen begreifen, systemisch über Probleme und Lösungen nachdenken und entscheidende Hebel in der Nachhaltigkeitstransformation entdecken und analysieren.

Auch kritisches Denken und kreative Problemlösungsfähigkeiten sind bei Führungspersönlichkeiten gefragt, um passende Strategien für den Umgang mit den sogenannten „super wicked problems“ unserer Zeit zu entwickeln.  

Nach der Übernahme des elterlichen Biozid-Unternehmens wurde Hans Dietrich Reckhaus von den Künstlern Frank und Patrik Riklin mit den Auswirkungen des Insektenbekämpfungsgeschäfts konfrontiert. Davon bewegt setzte ein Umdenken und Umhandeln ein: zunächst durch die Kompensation des Insektenverlusts durch ihre Produkte mittels insektenfreundlichen Ausgleichsflächen, dann durch die Entwicklung von Lebendfallen, um den Insektensterben entgegenzusetzen. Denn: Wir leben alle in einem komplexen, dependenten Ökosystem, in dem auch die “ganz Kleinen” Teil gewaltiger Wechselwirkungen sind.  

Fragen Sie sich:

Wie häufig denke ich kritisch über die langfristige Strategie des Unternehmens, das ich führe, nach?

Habe ich die plantaren Krisen in all ihrer Komplexität verstanden und kann sie Mitarbeitenden, Kolleg:innen, Kund:innen und Partner:innen erklären?  

Sollte ich kritischer in meinem Denken sein? In welchen Situationen bin ich vielleicht zu kritisch?

Welche Tools oder Strukturen könnten mir helfen, um langfristiger zu denken?

Kompetenz 4: Inspiration sein

Aktivierende Kommunikation, Inspiration, Gründen und Führen von wirren, neuen Allianzen

Menschen in Führungspositionen kommt in der Klimakrise eine klare Aufgabe zu, die von ihnen voll ausgefüllt werden muss: Als charismatisches Vorbild andere Menschen zum Mitmachen inspirieren.

Was dafür nötig ist? Neben eigenem authentischem Handeln sind da besonders wichtig: die richtige, evidenzbasierte Klimakommunikation und die Fähigkeit, anderen aufmerksam und neugierig zuzuhören, offene Fragen zu stellen und empathisch auf sie einzugehen.

Es ist ganz klar: Nachhaltigkeit ist ein Teamspiel. Daher ist es von immenser Bedeutung, dass Führungspersönlichkeiten unkonventionelle, neu gedachte und wirksame Allianzen mit anderen Stakeholdern aufbauen, um Synergie-Effekte zu erzeugen und sich gegenseitig in der Wirkung zu stärken.

Dabei gilt es, ganz bewusst den Kontakt zu Gruppen zu suchen, die die eigenen Perspektiven komplementieren: wie die Perspektive von Betroffenen oder Menschen aus der Klimabewegung, aber auch die Perspektive von zukünftigen Kund:innen.

Ihre Positionen sollten Führungspersönlichkeiten frühestmöglich mitdenken, ihre Ideen einbinden und besonders die Menschen aktiv beteiligen, von denen Widerstände vermutet werden könnten. 

Eine solche wirre Allianz haben das Sozialunternehmen Wildplastic und der Konzern OTTO geschaffen. Wildplastic holt seit 2019 in Ländern ohne ausreichende Abfallsysteme wie Haiti, Nigeria oder Ghana Plastik zurück, um daraus Plastiktüten herzustellen. 2020 starteten sie eine Kooperation mit OTTO, bei der Wildplastic-Tüten für den Versand eingesetzt werden.

Fragen Sie sich:

Wie sehr fühlen sich andere Menschen von mir als Führungspersönlichkeit inspiriert, Nachhaltigkeit voranzutreiben?

Wie kann ich in Gruppen eine Atmosphäre von Vertrauen und Kooperation herstellen?

Welche mutigen, unkonventionellen Allianzen sowie neue Wirkungsnetzwerke habe ich schon initiiert?

Kompetenz 5: Wandel antreiben

Mut, Optimismus, Resilienz und Durchhaltevermögen

Wie schaffen wir es, langfristig die Transformation voranzubringen? Um ein:e Treiber:in des Wandels zu sein, bedarf es in vielen Aspekten ein anderes Handeln und Entscheiden als bislang.

Deshalb ist Mut notwendig, um alte Strukturen und Gewohnheiten hinter sich zu lassen und zu neuen Ufern aufzubrechen.

Optimismus bedeutet in diesem Kontext nicht, die Realität verblendet zu sehen. Es geht stattdessen darum, radikal zuversichtlich in die Zukunft zu blicken und Chancen und Spielräume, die wir real haben, aktiv zu nutzen.

Besonders in der Klimakrise gilt: Durchhalten! Denn wir befinden uns als Gesellschaft nicht in einem Sprint, sondern in einem Marathon – um unsere planetaren Grundlagen zu erhalten.

Die anstehenden Prozesse der Neugestaltung, Innovation und des Managements von Veränderungen sind langwierig und brauchen häufig demokratische Mehrheiten. Es kann dauern, bis die eigene Wirkung so stark skaliert ist, dass sie sichtbar ins Licht tritt.

Resilienz – also die Widerstandsfähigkeit eines Individuums, trotz beanspruchender oder belastender Situationen gesund zu bleiben – ist deshalb von großer Bedeutung.

Das Unternehmen Sono Motors wurde mit dem Ziel gegründet, ein Elektroauto zu entwickeln, das sich über Solarkollektoren in der Karosserie selbst wieder auflädt. Zuletzt gab das Unternehmen den Verkauf des Sion-Programms zur Entwicklung solarbetriebener Autos bekannt, um sich als Zulieferer neu aufzustellen. Ein Schritt, der nicht leicht gewesen sein kann, aber von dem Unternehmen als Teil des größeren Ziels, die Kraft der Sonne für den Antrieb von Kraftfahrzeugen zu nutzen, verstanden wird. 

Fragen Sie sich:

Wie viel Mut bringe ich mit, um mit bisherigen Konventionen zu brechen und Neues zu wagen?

Wann war ich das letzte mal wirklich mutig und was habe ich da mutiges getan?

Wie steht es um mein Durchhaltevermögen, um diesen Wandel langfristig zu gestalten und Rückschläge zu meistern? 

In welchen Situationen sollte ich mehr Optimismus und Durchhaltevermögen entwickeln?

Auf welchem IDG sind Sie aktuell besonders stark?

Diese fünf Komptenzen der Inner Development Goals können Sie in unserem Selbsttest erkunden. Haben Sie den Test schon gemacht? Am Ende des Selbsttests erhalten Sie einige weitere Tipps von uns, wie Sie Ihre Stärken als Führungspersönlichkeit noch besser einsetzen können, um möglichst viel Impact zu schaffen.

Skills trainieren und mutiger, authentischer Leader für Nachhaltigkeit werden! 

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben nun klar im Blick, welche transformativen Kompetenzen im Sustainability Leadership nötig sind, um ein Unternehmen in Zeiten der Klimakrise erfolgreich, authentisch, mutig und mit echtem Impact zu führen. Vielleicht haben Sie bei dem Selbsttest und in der Reflexion mit den Reflexionsfragen festgestellt, dass Sie einige Kompetenzen noch weiterentwickeln und trainieren möchten. 

Deshalb haben wir als ClimateMind ein Leadership-Training entwickelt, dass sich genau diesen Kompetenzen annimmt:

Um den eigenen inneren Kompass weiterzuentwickeln, setzen sich Führungskräfte in diesem Training zielgenau mit ihren eigenen Werten und Widersprüchlichkeiten im Verhalten auseinander.

Durch den direkten Austausch mit Personen, die bereits jetzt massiv von der Klimakrise betroffen sind, sowie durch intensive Erfahrungsräume in der Natur, wird ihr Gefühl der Verbundenheit gesteigert.

Darüber hinaus ist ein Fokus des Leadership-Trainings, durch den Austausch mit Wissenschaftler:innen systematisch auf die ökologischen und sozialen Krisen zu blicken und ihr planetares Denken weiterzuentwickeln.

Die Führungskräfte trainineren, inspirierend aufzutreten und andere dadurch zum Handeln anzuregen. Gleichzeitig lernen sie, wie sie hierbei auf verschiedene Zielgruppen passgenau reagieren und mit Widerständen umgehen können.

Sie bauen ihren Mut aus, aus sozialen Rollen auszubrechen anhand eines Praxisprojektes. Auch setzen sich die Führungskräfte intensiv mit ihren eigenen Resilienz-Strategien auseinander und entwickeln diese weiter, um langfristig ein erfolgreicher und nachhaltiger Leader sein zu können.

Über ClimateMind 

ClimateMind ist die erste und derzeit einzige Beratungs- und Weiterbildungsagentur rund um die Themen Klimapsychologie und Klimakommunikation im deutschsprachigen Raum. Weitere Informationen sowie alle Angebote finden Sie hier https://climatemind.de/angebote/.

Lust auf mehr? 

Warum es keinen Sinn macht, nur an die nächsten paar Jahre zu denken, wenn es um Nachhaltigkeit geht und welche Skills nötig sind, um den Fokus weg von kurzfristigen Erfolgen zu bringen, darüber hat Janna Hoppmann mit CEO von Wienerberger, Heimo Scheuch, in diesem Video Podcast gesprochen:

Wie gehen Führungskräfte die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft an? In einem Interview sprachen Janna Hoppmann und Christoph Schönherr mit Georg Schürmann über Leadership in der Klimakrise am Beispiel der Triodos Bank.