Fehler zu machen, fühlt sich in der Regel alles andere als angenehm an. Aber manchmal ist eben doch „gut gemeint“ nicht gleich „gut gemacht“. Und wenn es um nichts weniger als den Schutz unseres einzigen Zuhauses geht, dann lohnt sich doch vielleicht, mit einem kritischen Blick in die Vergangenheit zu schauen und unser Tun zu reflektieren? Als ich eines Tages auf die „vier Missverständnisse in der Klimakommunikation“ in einem Artikel von Susanne Moser und Lisa Dilling stieß, fühlte ich mich ertappt.
In wenigen Zeilen decken die beiden Autorinnen auf, warum die öffentliche und persönliche Kommunikation leider lange nur wenig zum Handeln gegen die Klimakrise motivieren konnte. Zunächst spürte ich den Impuls, die Analyse abzuwerten oder zurückzuweisen, um mich selbst zu schützen. Diesem Reflex ist aber viel Dankbarkeit für ihre Analyse gewichen. Sie können uns helfen, die Fehler der Vergangenheit hinter uns lassen – und so über das Klima sprechen, dass es uns selbst und unsere Mitmenschen zum Handeln ermuntern kann.
Vier falsche Glaubenssätze im Bereich der Klimakommunikation
Nach Moser und Dilling gibt es vier zentrale Denkfehler über wirkungsvolle Klimakommunikation, die empirisch widerlegt werden konnten und denen wir die Freundschaft sofort kündigen sollten.
Die vier Missverständnisse:
- Mehr Informationen würden zum Handeln bewegen
- Angst würde zum Handeln motivieren
- Wir würden alle Menschen auf dem gleichen Weg erreichen können
- Am einfachsten würden wir über Massenmedien zum Handeln mobilisieren
Eine Einladung: Prüfe deine Grundannahmen
Welche der genannten Glaubenssätze kommen dir bekannt vor? Welches Missverständnis über effektive Klimakommunikation ist deiner Meinung nach am stärksten verbreitet? Das habe ich im April in einer kleinen, anonymen – nicht repräsentativen – Umfrage in meinem Telegram-Kanal gefragt. Denn ich war neugierig, welche Glaubenssätze in der Bevölkerung vielleicht stärker vorherrschen als andere.
Die Mehrheit (59%) der 63 Umfrage-Teilnehmenden fanden, dass der Glaube „Information würde zum Handeln inspirieren“ im Vergleich zu den anderen Missverständnissen am stärksten verbreitet wären. Auch das Missverständnis „Wir würden alle Menschen auf dem gleichen Weg erreichen können“ scheint in dem Umfeld der Teilnehmenden der Umfrage stark verbreitet zu sein – immerhin knapp ein Viertel (24%) erachten diesen Glaubenssatz als den von den vieren, der am stärksten verbreitet ist.
Auch ich nehme bei unterschiedlichen Akteur:innen die Vorstellung wahr, dass es der Mangel an Informationen sei, der Menschen stark vom Handeln abhielte. Im Fachjargon nennt man diese Annahme die Wissensdefizit-Hypothese. Die Wissenschaft hat diese jedoch widerlegt! Schauen wir daher nun gerne genauer hin…
Faktencheck: Warum die vier Glaubenssätze nicht hilfreich sind
Missverständnis Nr. 1: Information & Wissen. Die berühmte Wissensdefizit-Hypothese wurde in vielen Studien geprüft und scheint einfach nicht haltbar zu sein (Studie zum Überblick über Einflussfaktoren auf Klimahandeln). Zwischen dem Wissen, der Handlungsabsicht und dem Handeln selbst liegen ein breiter Graben. Das Wissen allein – sicherlich eine hilfreiche Grundlage – kann nicht oder nur zu einem sehr kleinen Teil das Handeln für Klimaschutz erklären.
Stattdessen motivieren besonders die soziale Norm zu Klimaschutz (Was denken meine Familie und Freund:innen?) und das Gefühl von Selbstwirksamkeit zum Handeln.
Missverständnis Nr. 2: Angst. Mit den Katastrophenszenarien ist es so eine Sache. Sicherlich braucht es eine Risikokommunikation, um auf ein Problem aufmerksam zu machen und Bewusstheit zu schaffen. Doch solche unangenehmen Gefühle aktivieren noch lange nicht (direkt) zum Handeln. Ganz im Gegenteil: Eine Überdosis solcher Gefühle kann uns in den sogenannten „Doomism“-Modus bringen. Wir fühlen uns erschlagen von den vielen, komplexen Problemen und möchten den Kopf am liebsten in den Sand stecken. Ohnmacht macht sich dann breit und das lähmt.
Im Vergleich dazu ist empfehlenswert, an Gefühlen der Angst und Ohnmacht positive Bilder und Geschichten anzuschließen. Nach Bamberg (2013) sollten Menschen mit einem Ziel wie Klimaschutz angenehme, positive Gefühle in Verbindung bringen, damit sie eher motiviert sind, dabei zu helfen, das Ziel in die Tat umzusetzen. Solche angenehmen Gefühle könnten Freude, Neugierde oder auch Entspannung sein.
Gleichzeitig zeigt Forschung zu kollektivem Handeln gegen die Klimakrise auch, dass besonders kollektive Wut – ein unangenehmes, aber dennoch aktivierendes Gefühl – und kollektive Selbstwirksamkeit – ähnlich mit einer Zuversicht bzw. Hoffnung, dass gemeinsam Wandel möglich ist – viele Engagierte zum Handeln motiviert.
Missverständnis Nr. 3: Einheitslösungen. Einige Studien, die auf der Basis eines bekannten Stadienmodells aus der Umweltpsychologie von Bamberg (2013) durchgeführt wurden, können zeigen: Personen befinden sich in ganz verschiedenen Phasen der Verhaltensänderung und brauchen, je nach ihrem „psychologischen Standort“ auch etwas anderes, um näher zum Handeln zu kommen.
Statt Einheitslösungen brauchen wir also eine personenzentrierte Kommunikation, die auf die Werte und Bedarfe des Gegenübers abgestimmt ist. Vor jedem Vorhaben sollten wir uns also fragen: Was ist dem anderen wirklich wichtig (Wertvorstellungen)? Wie hat sich die andere Person schon für Klimaschutz eingesetzt, was denkt sie über Klimaschutz (Stadium der Verhaltensänderung reflektieren)?
Missverständnis Nr. 4: Massenmedien. Sicherlich haben Massenmedien den Reiz, dass eine Botschaft via TV, Radio oder Social Media in wenigen Sekunden Millionen Menschen erreichen kann. Doch wie uns das Missverständnis Nr. 1 gelehrt hat, ist das reine Wissen über einen Sachverhalt nicht ausreichend, um uns zum Handeln zu bringen. In diesem Sinne können über Social Media zwar Nachrichten in kurzer Zeit schnell verbreitet werden, doch um Menschen zum Handeln zu mobilisieren, die dem Ziel noch unentschlossen gegenüberstehen, kann Social Media nicht die erste Wahl sein.
Stattdessen gelingt Klimakommunikation mit Personen, die noch nicht völlig von Klimaschutz begeistert sind, am besten im persönlichen Gespräch. Denn in dem persönlichen Gespräch können wir ohne Probleme auf unser Gegenüber eingehen (Missverständnis Nr. 3), eine Balance zwischen unangenehmen und angenehmen Gefühlen gestalten und das Selbstwirksamkeitsgefühl stärken (Missverständnis Nr. 1 und 2). Dabei ist wichtig, dass wir die sozialpsychologischen Grundbedürfnisse der anderen Person schützen (wie Autonomie, soziale Verbundenheit, ein stabiles Weltbild, ein positiver Selbstwert), damit das Gegenüber sich sicher genug fühlt, um neue Sichtweisen in das eigene Weltbild integrieren zu können.
Nach dem Verlernen kommt das neue Lernen
Klimakommunikation scheint unsere Intuition und Gewohnheiten herauszufordern. Wie kann es dennoch leichter werden, gute Klimakommunikation zu betreiben – also Klimakommunikation, die tatsächlich zum Handeln motivieren kann?
Hier kommt die „Canvas Klimakommunikation“ ins Spiel. Die Canvas beinhaltet 7 wichtige Schritte, die dir helfen können, eine neue Art der Klimakommunikation aufzubauen und zu trainieren. Mehr über die Canvas findest du im Artikel Die 7 Schritte zu transformativer Klimakommunikation.
Dir reicht die Canvas nicht oder du willst das Tool mit mir und einer kleiner Gruppe üben? Dann komm doch gern bei einem der Trainings zu Klimakommunikation dazu. Dort üben wir gemeinsam, so über das Klima zu sprechen, dass es uns selbst, unserem Gegenüber und unserer Erde guttut. Bist du dabei?
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